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toProf. N. A'CampoInfini II, Sommersemester 2001


{\titel \bf {~Vektorfelder und Differentialgleichungen}}

Seien $(X_1,d_1)$ und $(X_2,d_2)$ metrische Räume. Eine Abbildung $f:X_1 \to X_2$ ist Lipschitz-stetig mit Faktor $k \in {\fam\msbfam\tenmsb R}, k >0,$ wenn für $p,q \in X_1$ gilt:

\begin{displaymath}d_2(f(p),f(q)) \leq k d_1(p,q).\end{displaymath}

Eine Abbildung $f:X_1 \to X_2$ ist Lipschitz-stetig, wenn eine offene Überdeckung $(U_{\alpha})_{\alpha\in A}$ von $X_1$ existiert, so dass für jedes ${\alpha\in A}$ die Einschränkung von $f$ auf $U_{\alpha}$ Lipschitz-stetig ist mit einem Faktor $k_{\alpha} \in {\fam\msbfam\tenmsb R}, k_{\alpha} >0$.

Sei $E$ ein normierter ${\fam\msbfam\tenmsb R}$-Vektorraum mit Norm $\vert\vert\,\,\vert\vert _E:E \to {\fam\msbfam\tenmsb R}$. Wir nehmen an, dass der Vektorraum $E$ endlicher Dimension ist, oder allgemeiner, dass der normierte Raum $(E,\vert\vert\,\,\vert\vert _E)$ vollständig ist.

Sei $U \subset E$ eine offene Teilmenge in $E$. Ein Vektorfeld $X$ auf $U$ ist eine Abbildung $X:U \to E$. Zu jedem Vektorfeld und jedem vorgegebenen Punkt $p$ aus dem Definitionsbereich des Vektorfeldes ist eine Differentialgleichung definiert. Die Differentialgleichung zu dem Vektorfeld $X$ und $p \in U$ ist ein Gleichungssystem für Paare $(a, \gamma)$ mit $a \in {\fam\msbfam\tenmsb R}, a > 0,$ und wobei $\gamma$ eine differenzierbare parametrisierte Kurve $\gamma:[0,a[ \to U$ ist. Die Gleichungen des Systems sind:

\begin{displaymath}
\gamma(0)=p, {d \over {dt}}\gamma(t)=X(\gamma(t)), t \in [0,a].
\end{displaymath}

Beispiel $1$: Sei $E={\fam\msbfam\tenmsb R}$ normiert mittels des Absolutbetrags $\vert\,\,\vert$. Sei $U=E$ und sei $X:U \to E$ das Vektorfeld $X(q)= q \in E$. Die parametrisierte Kurve $\gamma:[0,\infty[ \to E={\fam\msbfam\tenmsb R}, t\in [0,\infty[ \mapsto
\gamma(t)=\exp(t):=\sum_{n=0}^{\infty} {t^n \over {n!}}$ ist eine Lösung der Differentialgleichung zu dem Vektorfeld $X$ und dem Punkt $p=1\in{\fam\msbfam\tenmsb R}=E$. Eine differenzierbare parametrisierte Kurve $\gamma: [0,\infty[ \to E={\fam\msbfam\tenmsb R}$ ist natürlich nichts anderes als eine differenzierbare Funktion $\gamma$ auf $[0,\infty[$. Die Differentialgleichung dieses Beispiels schreibt sich für die Funktion $\gamma$ um in: $\gamma(0)=1$ und $\gamma'(t)=\gamma(t), t \in [0,\infty[.$

Für jedes $a \in {\fam\msbfam\tenmsb R}, a > 0,$ ist das Paar $(a,\gamma_a)$, wobei $\gamma_a:[0,a[ \to E$ die Einschränkung von $\gamma$ ist, eine Lösung der Differentialgleichung des obigen Beispiels.

Beispiel $2$: Das Paar $(1,\gamma)$ mit $\gamma:[0,1[ \to {\fam\msbfam\tenmsb R}, \gamma(t)={-1 \over {t-1}}$ löst die Differentialgleichung zu dem Vektorfeld $Y:U \to E={\fam\msbfam\tenmsb R}, Y(q)=q^2$, und dem Punkt $p=1$. Tatsächlich gilt: $\gamma(0)=1$ und $\gamma'(t)=\gamma(t)^2$.

Man kann nun die Frage stellen, ob es hier auch für beliebig gross gewähltes $a>0$ Lösungen der Form $(a, \gamma)$ gibt. Eine einfache Überlegung zeigt, dass für $a > \sum_{n=1}^{\infty} {1 \over {n^2}}$ kein Lösungspaar $(a, \gamma)$ existieren kann.

Wäre nämlich $(a, \gamma)$ ein Lösungspaar $(a, \gamma)$, dann wäre $\gamma:[0,a[ \to {\fam\msbfam\tenmsb R}$ monoton wachsend, da $\gamma'(t)=\gamma(t)^2 \geq 0$ gilt. Somit wäre $\gamma'(t)=\gamma(t)^2$ monoton wachsend und es gälte für $0 \leq u < v < a$ die Abschätzung

\begin{displaymath}
\gamma(v) \geq \gamma(u)+ (v-u) \gamma'(u)=\gamma(u)+ (v-u) \gamma(u)^2.
\end{displaymath}

Daraus folgte $\gamma(1) \geq \gamma(0)+(1-0)\gamma(0)^2=2$ und für $m \in {\fam\msbfam\tenmsb N}$ erhielte man induktiv $\gamma(\sum_{n=1}^m {1 \over {n^2}}) \geq m$. Für $b$ mit $\sum_{n=1}^{\infty} {1 \over {n^2}} \leq b < a$ erfüllte $\gamma(b) \in {\fam\msbfam\tenmsb R}$ die Abschätzungen $\gamma(b) > m, m \in {\fam\msbfam\tenmsb N},$ was unmöglich ist.

Beispiel $3$: Sei $X:{\fam\msbfam\tenmsb R}^2 \to {\fam\msbfam\tenmsb R}^2$ das Vektorfeld $X(p)=e_1+3y(p)^{2/3}e_2$, wobei $e_1=(1,0), e_2=(0,1)$ die Standardbasis des Raumes ${\fam\msbfam\tenmsb R}^2$ bilden und die Koordinatenfunktionen $x,y:{\fam\msbfam\tenmsb R}^2 \to {\fam\msbfam\tenmsb R}$ durch $p=x(p)e_1+y(p)e_2$ festgelegt sind. Die Kurven $t \in [0,\infty[ \mapsto \gamma_i(t):=te_1 +it^3e_2\in {\fam\msbfam\tenmsb R}^2, i=-1,0,+1,$ sind Lösungskurven mit $\gamma_i(0)=0\in {\fam\msbfam\tenmsb R}^2$ der Differentialgleichung zum Vektorfeld $X$.

Für Differentialgleichungen, die von Lipschitz-stetigen Vektorfeldern her stammen, garantiert folgender Satz die Existenz und in gewissem Sinne auch die Eindeutigkeit von Lösungspaaren.

Satz 1 (Émile Picard, 1891, Ernst Leonard Lindelöf, 1892)   Sei $X:U \to E$ ein Lipschitz-stetiges Vektorfeld auf einer offenen Menge $U$ in einem normierter Vektorraum $E$ endlicher Dimension. Sei $p \in U$. Dann existiert ein Lösungspaar $(a, \gamma)$ für die Differentialgleichung des Vektorfeldes $X$ und den Punkt $p$. Ist $(\bar{a},\bar{\gamma})$ ein anderes Lösungspaar, dann stimmen $\gamma$ und $\bar{\gamma}$ auf $[0,\min(a,\bar{a})[$ überein.

Beweis:Wir bestimmen vorerst ein $k,\rho \in {\fam\msbfam\tenmsb R}_{>0}$ und $L \in {\fam\msbfam\tenmsb R}_{>0}$. Sei $U'\subset U$ offen, so dass für ein $k \in U'$ die Einschränkung von $X$ auf $U'$ Lipschitz-stetig mit Faktor $k$ ist. Sei nun $\rho \in {\fam\msbfam\tenmsb R}_>$ so gewählt, dass für $q \in E$ mit $\vert\vert p-q\vert\vert _E \leq \rho$ gilt $q \in U'$. Anders gesagt, wählen wir $\rho$ so, dass in $E$ die Kugel $B^E(p,\rho)$ mit Zentrum $p$ und Radius $\rho$ in der offenen Teilmenge $U'$ enthalten ist. Weiter sei $L \in {\fam\msbfam\tenmsb R}_>$ so gewählt, dass $L(\vert\vert X(p)\vert\vert _E +k \rho)\leq \rho$ und $Lk \leq {1 \over 2}$ gelten. Es folgt für $q\in B^E(p,\rho)$ die Abschätzung $\vert\vert X(q)-X(p)\vert\vert _E \leq k\rho$ und somit $\vert\vert X(q)\vert\vert _E \leq \vert\vert X(p)\vert\vert _E +k \rho$ und $L\vert\vert X(q)\vert\vert _E \leq \rho$.

Wir definieren rekursiv parametrisierte Kurven $\gamma_n:[0,l] \to B^E(p,\rho), n \in {\fam\msbfam\tenmsb N}$, wie folgt: Die $0^{te}$ Kurve ist die konstante Kurve $\gamma_0(t)=p$. Für $n \in {\fam\msbfam\tenmsb N}, n > 0,$ wird $\gamma_n(t), t\in [0,L],$ durch

\begin{displaymath}
\gamma_n(t):=p+\int_0^t X(\gamma_{n-1}(s)) ds
\end{displaymath}

definiert.

Es gilt $\gamma_n(0)=p$ und

\begin{displaymath}
\vert\vert p-\gamma_n(t)\vert\vert _E \leq \vert\vert\int_0^t X(\gamma_{n-1}(s)) ds\vert\vert _E\leq \rho
\end{displaymath}

da die Integration über $[0,t]\subset [0,L]$ erfolgt und der Integrand die Abschätzung $\vert\vert X(\gamma_{n-1}(s))\vert\vert _E \leq \rho/L$ erfüllt. Es folgt, dass die rekursiv definierten Kurven $\gamma_n$ tatsächlich Kurven in $B^E(p,\rho)$ sind.

Die Kurven $\gamma_n$ sind differenzierbar. Es gilt

\begin{displaymath}
{d \over {dt}}\gamma_n(t)=X(\gamma_{n-1}(t)), t \in [0,L], n \in {\fam\msbfam\tenmsb N}, n > 0.
\end{displaymath}

Wir untersuchen nun die ``Konvergenz'' der Folge $(\gamma_n)_{n \in {\fam\msbfam\tenmsb N}}$. Was bedeutet hier ``Konvergenz''? Eine mögliche Auslegung der zu untersuchenden Konvergenz ist für jedes fest gewählte $t\in [0,L]$ die Konvergenz in $E$ der Folge $(\gamma_n(t))_{n \in {\fam\msbfam\tenmsb N}}$.

Lemma 1   Für fest gewähltes $t\in [0,L]$ ist die Folge $(\gamma_n(t))_{n \in {\fam\msbfam\tenmsb N}}$ eine Cauchy-Folge in $E$.

Beweis:Wir definieren $A_0:=L\vert\vert X(p)\vert\vert _E=\max_{s\in [0,L]} {\vert\vert\gamma_0(s)-\gamma_1(s)\vert\vert _E}\in {\fam\msbfam\tenmsb R}$. Weiter definieren wir für $n \in {\fam\msbfam\tenmsb N}, n > 0,$ den Wert

\begin{displaymath}
A_n:=\max_{s\in [0,L]} {\vert\vert\gamma_{n}(s)-\gamma_{n+1}(s)\vert\vert _E}\in {\fam\msbfam\tenmsb R}.
\end{displaymath}

Für $n \in {\fam\msbfam\tenmsb N}, n > 0,$ folgt aus $\gamma_{n}(s)-\gamma_{n+1}(s)=
\int_0^s X(\gamma_{n-1}(\sigma))-X(\gamma_n(\sigma)) d\sigma$ die Ungleichung $\vert\vert\gamma_{n}(s)-\gamma_{n+1}(s)\vert\vert _E \leq LkA_{n-1}
\leq {1 \over 2} A_{n-1}$. Wir erhalten mit der Definition von $A_n$ die Ungleichung $A_n \leq {1 \over 2} A_{n-1}$.

Für $\epsilon \in {\fam\msbfam\tenmsb R}, \epsilon > 0,$ sei $N \in {\fam\msbfam\tenmsb N}$, so dass gilt $2^{-N+1}A_0 \leq \epsilon$. Dann gilt für $n,m\in {\fam\msbfam\tenmsb N}$ mit $N \leq m \leq n$ die Abschätzung:

\begin{displaymath}\vert\vert\gamma_n(t)-\gamma_m(t)\vert\vert _E \leq
\end{displaymath}


\begin{displaymath}
\sum_{i=1}^{n-m} \vert\vert\gamma_{m+i}(t)-\gamma_{m+i-1}(t)\vert\vert _E \leq
\end{displaymath}


\begin{displaymath}
\sum_{i=1}^{n-m}A_{m+i-1}
\leq 2^{-N+1}A_0 \leq \epsilon
\end{displaymath}

Die Folge $(\gamma_n(t))_{n \in {\fam\msbfam\tenmsb N}}$ ist somit eine Cauchy-Folge.


Wir definieren $\gamma:[0,L[ \to U$ durch $\gamma(t):=\lim_{n \to \infty} \gamma_n(t)$. Wir zeigen nun, dass das Paar $(L,\gamma)$ ein Lösungspaar der Differentialgleichung zum Vektorfeld $X$ und Punkt $p$ ist.

Es gilt offensichtlich $\gamma(0)=p$. Für jedes $n \in {\fam\msbfam\tenmsb N}, t \in [0,L[, h \in {\fam\msbfam\tenmsb R}, h > 0, t+h < L,$ schreiben wir eine Dreigliedentwicklung:

\begin{displaymath}
\gamma_{n+1}(t+h)=[\gamma_{n+1}(t)+\int_t^{t+h}X(\gamma_n(s))ds=]
\end{displaymath}


\begin{displaymath}
\gamma_{n+1}(t)+h X(\gamma_n(t)) + \int_t^{t+h}X(\gamma_n(s))-X(\gamma_n(t)) ds
\end{displaymath}

Vorerst zeigen wir, dass das Restglied $\int_t^{t+h}X(\gamma_n(s))-X(\gamma_n(t)) ds$ relativ klein in $h$ ist und zwar quadratisch klein in $h$ mit einer Abschätzung, die unabhängig von $n$ und $t$ ist.

Für $s\in [t,t+h]$ gilt $\gamma_n(s)-\gamma_n(t)=
\int_t^s X(\gamma_{n-1}(\sigma))d\sigma$. Es folgt $\vert\vert\gamma_n(s)-\gamma_n(t)\vert\vert _E \leq h (\vert\vert X(p)\vert\vert _E+k\rho)$, da die Integration über $[t,t+h]$ läuft und der Integrand die Abschätzung $\vert\vert X(\gamma_{n-1}(\sigma))\vert\vert _E \leq \vert\vert X(p)\vert\vert _E+k\rho$ erfüllt. Somit gilt

\begin{displaymath}
\vert\vert\int_t^{t+h}X(\gamma_n(s))-X(\gamma_n(t)) ds\vert\vert _E \leq 2 h^2 k (\vert\vert X(p)\vert\vert _E+k\rho).
\end{displaymath}

In der obigen Dreigliedentwicklung für $\gamma_{n+1}(t+h)$ wenden wir Glied für Glied den Grenzwert $\lim_{n \to \infty}$ an und erhalten

\begin{displaymath}
\gamma(t+h)=\gamma(t)+hX(\gamma(t)) + {\rm Rest}(t,h)\,,
\end{displaymath}

wobei dann gilt

\begin{displaymath}
\vert\vert{\rm Rest}(t,h)\vert\vert _E \leq 2 h^2 k (\vert\vert X(p)\vert\vert _E+k\rho).
\end{displaymath}

Somit haben wir gezeigt, dass die Kurve $t \in [0,L[ \mapsto \gamma(t)\in U$ differenzierbar ist und dass gilt

\begin{displaymath}
{d \over {dt}}\gamma(t)=X(\gamma(t)), t \in [0,L[.
\end{displaymath}

Seien $(a, \gamma)$ und $(\bar{a},\bar{\gamma})$ zwei Lösungspaare mit $a,\bar{a}>0$ und $\gamma:[0,a[ \to U, \bar{\gamma}:[0,\bar{a}[ \to U$. Wir nehmen an $a \leq \bar{a}$ und definieren $c:= \sup \{ d \in [0,a[ \mid \gamma\vert _{[0,d[}=\bar{\gamma}\vert _{[0,d[}\}$. Die Menge $J:=\{ d \in [0,a[ \mid \gamma\vert _{[0,d[}=\bar{\gamma} \vert _{[0,d[}\} \subset {\fam\msbfam\tenmsb R}$ ist beschränkt, aber es ist nicht klar, ob $J \not= \emptyset$ zutrifft, (siehe Beispiel $3$).

Lemma 2   Es gilt $J \not= \emptyset$.

Beweis:Wir behalten die Notationen $\rho,U',k,L$ bei, wie sie oben eingeführt wurden. Wähle $L' \in {\fam\msbfam\tenmsb R}$ derart, dass gilt: $0 < L' < \min \{a,L\}$ und $\gamma(t),\bar{\gamma}(t)\in B^E(p,\rho)\subset U' \subset U$ für $t \in [0,L']$. Eine solche Wahl für $L'$ ist möglich, da $\gamma,\bar{\gamma}$ an der Stelle $t=0$ stetig sind.

Sei $A:=\sup \{\vert\vert\gamma(t)-\bar{\gamma}(t)\vert\vert _E \mid t \in [0,L']\}$. Für $t \in [0,L']$ gilt

\begin{displaymath}
\gamma(t)-\bar{\gamma}(t)=\int_0^t {d \over {ds}}(\gamma(s)-\bar{\gamma}(s))ds=
\int_0^t X(\gamma(s))-X(\bar{\gamma}(s))ds
\end{displaymath}

und somit für $t \in [0,L']$

\begin{displaymath}
\vert\vert\gamma(t)-\bar{\gamma}(t)\vert\vert _E \leq {1 \over 2} A
\end{displaymath}

daher $A \leq {1 \over 2} A$, d. h. $A=0$. Es folgt $L' \in J$ und $J \not= \emptyset$.


Die Eindeutigkeit, die zu zeigen war, ist also äquivalent zu der Aussage: $c=a$.

Wir führen die Annahme $c < a$ zum Widerspruch. Da $c \geq L' > 0$, folgt aus der Stetigkeit von $\gamma$ und $\bar{\gamma}$ an der Stelle $c$ und aus $\gamma(s)=\bar{\gamma}(s), 0\leq s < c$ die Gleichheit $\gamma(c)=\bar{\gamma}(c)$. Setze nun $p'=c$ und wähle $U''\subset U$ offen $,k',\rho'>0$ mit $p' \in B^E(p',\rho') \subset U''$ derart, dass $k'$ Lipschitzfaktor für die Einschränkung von $X$ auf $B^E(p',\rho')$ ist. Wie vorher gezeigt, erhalten wir die Existenz eines $L''>0$ so, dass $c+L'' < a$ und $\gamma(c+t)=\bar{\gamma}(c+t)$ für $t\in [0,L'']$ gilt. Dies steht aber im Widerspruch zur Definition von $c$.


Beispiel $4$: Ein Vektorfeld $X$ heisst linear, wenn es durch eine lineare Abbildung $X:E \to E$ gegeben ist. Die Differentialgleichung zu einem linearen Vektorfeld $X$ auf einem endlichdimensionalen ${\fam\msbfam\tenmsb R}$-Vektorraum $E$ und zu einem Punkt $p \in E$ hat bekanntlich die Lösungskurve $\exp_{X,p}:{\fam\msbfam\tenmsb R}\to E$, wobei $\exp_{X,p}(t):=\sum_{i=0}^{\infty} {t^i \over {i!}} X^i(p)$. Ein lineares Vektorfeld $X$ auf einem endlichdimensionalem normierten $R$-Vektorraum $(E,\vert\vert\,\,\vert\vert _E)$ ist Lipschitz-stetig. Der Lipschitzfaktor von $X$ ist die Operatornorm $\vert\vert X\vert\vert _{{\rm Operator}}$.

Der Satz liefert nun zusätzlich, dass diese Lösungskurve die einzige Lösungskurve mit Parameterbereich ganz ${\fam\msbfam\tenmsb R}$ ist. Es ist instruktiv, sich klar zu machen, dass die polynomiale Kurvenfolge $(t \in {\fam\msbfam\tenmsb R}\mapsto \sum_{i=0}^{n} {t^i \over {i!}} X^i(p)\in E)_{n \in {\fam\msbfam\tenmsb N}}$ genau der Kurvenfolge $(\gamma_n)_{n \in {\fam\msbfam\tenmsb N}}$ in unserem Beweis entspricht.

Beispiel $5$: Gewöhnliche Differentialgleichungen der Form

\begin{displaymath}
f^{(k)}=a_1 f^{(k-1)}+ \dots +a_{k-1} f'+a_k f, k \in {\fam\msbfam\tenmsb N}, k>0, a_i \in {\fam\msbfam\tenmsb R},
\end{displaymath}

für eine Funktion $f:{\fam\msbfam\tenmsb R}\to {\fam\msbfam\tenmsb R}$ mit Ableitungen $f^{(i)}$ der Ordnung $1 \leq i \leq k$ lassen sich in die Form einer Differentialgleichung eines lineares Vektorfeldes auf ${\fam\msbfam\tenmsb R}^k$ bringen. Sei nämlich $X:{\fam\msbfam\tenmsb R}^k \to {\fam\msbfam\tenmsb R}^k$ die lineare Abbildung mit $X(e_{i+1})=e_{i}+a_{k-i}e_k, 1< i \leq k,$ und $X(e_1)= a_ke_k$. Dann ist für eine Lösung $x \in {\fam\msbfam\tenmsb R}\mapsto f(x) \in {\fam\msbfam\tenmsb R}$ der gewöhnlichen Differentialgleichung die Kurve $t \in {\fam\msbfam\tenmsb R}\mapsto (f(t),f'(t), \cdots ,f^{(k-1)}(t)) \in {\fam\msbfam\tenmsb R}^k$ Lösungskurve der Differentialgleichung zu $X$. Bemerke, dass einem Punkt $p \in {\fam\msbfam\tenmsb R}^k$ hier die Vorgabe der Werte $(f(0),f'(0), \cdots ,f^{(k-1)}(0))$ von $f$ und seinen Ableitungen an der Stelle $0$ entspricht. Bemerke auch, dass die Lösung $f$ auf ganz ${\fam\msbfam\tenmsb R}$ definiert ist.

Der Satz besagt nun, dass für eine beliebige Vorgabe der Werte von $f,f', \cdots ,f^{(k-1)}$ an der Stelle $0$ die gewöhnliche Differentialgleichung genau eine Lösung hat. Die Tatsache, dass die Existenz genau einer Lösung mit den vorgegebenen Anfangswerten schon bekannt ist, erleichtert natürlich die Suche der Lösung. Das lädt dazu ein, aus der Trickkiste Lösungen zu konstruieren. Einsichten über die Ausdehnungslehre von Wellen von Christiaan Huygens, geb. am 14. April 1629 in 's Gravenhage, und eine geschickte Methode von Oliver Heaviside, geb. am 18. Mai 1850 in London, können uns weiterhelfen.

Zur Illustration werden wir die gewöhnlichen Differentialgleichungen für eine $k$-mal differenzierbare Funktion $f:[0,\infty[ \to {\fam\msbfam\tenmsb R}$ der Form

\begin{displaymath}
f^{(k)}(t)-a_1 f^{(k-1)}(t) \dots -a_{k-1} f'(t)+a_k f(t)=\phi(t)
\end{displaymath}


\begin{displaymath}
f^{(k-1)}(0)=A_{k-1}, \dots ,f'(0)=A_1, f(0)=A_0,
\end{displaymath}

lösen, wobei der ``Antrieb'' $\phi$ eine gegebene stetige Funktion $\phi:[0,\infty[ \to {\fam\msbfam\tenmsb R}$ ist.

Sei mit $P({d \over {dt}}) \in {\fam\msbfam\tenmsb R}[{d \over {dt}}]$ das Polynom $P({d \over {dt}}):={d \over {dt}}^k-a_1{d \over {dt}}^{k-1}+
\cdots -a_{k-1}{d \over {dt}}-a_k$ notiert, dann lässt sich die Differentialgleichung knapper schreiben: $P({d \over {dt}})f=\phi, f^{(k-1)}(0)=A_{k-1}, \dots ,f'(0)=A_1, f(0)=A_0$.

Sei $H_{P,A_0,A_1, \cdots ,A_{k-1}}:{\fam\msbfam\tenmsb R}\to {\fam\msbfam\tenmsb R}$ die Lösung des Systems $P({d \over {dt}})f=0, f^{(k-1)}(0)=A_{k-1}, \dots ,f'(0)=A_1, f(0)=A_0$ und $H_P:{\fam\msbfam\tenmsb R}\to {\fam\msbfam\tenmsb R}$ die Heavisidesche Funktion $H_{P}(t):=\lambda_{P,1,0, \cdots ,0}(t), t \geq 0, H_{P}(t):=0 , t < 0$ zu $P({d \over {dt}})$. Dann ist

\begin{displaymath}
f(t):=H_{P,A_0,A_1, \cdots ,A_{k-1}}(t)+\int_{-\infty}^{+\infty} H_{P}(t-s)\bar{\phi}(s)ds\end{displaymath}

die gesuchte Lösung $f:{\fam\msbfam\tenmsb R}\to {\fam\msbfam\tenmsb R}$ der Gleichung $P({d \over {dt}})f=\bar{\phi}, f^{(k-1)}(0)=A_{k-1}, \dots ,f'(0)=A_1, f(0)=A_0$, wobei $\bar{\phi}:{\fam\msbfam\tenmsb R}\to {\fam\msbfam\tenmsb R}$ die Fortsetzung durch $0$ von $\phi$ auf ganz ${\fam\msbfam\tenmsb R}$ ist. Bemerke, dass der Integrand $H_{P}(t-s)\bar{\phi}(s)$ ausserhalb des Intervalls $[0,t]$ verschwindet. Bemerke, dass die Lösung $f$ auf ganz ${\fam\msbfam\tenmsb R}$ definiert ist.

Hier Beispiele. Wir beginnen mit der Gleichung $f'=\phi, f(0)=A_0$, wobei $P({d \over {dt}})={d \over {dt}}$ ist. Nun ist $H_{P,A_0}:{\fam\msbfam\tenmsb R}\to {\fam\msbfam\tenmsb R}$ die konstante Funktion mit Wert $A_0$ und $H_{P}:{\fam\msbfam\tenmsb R}\to {\fam\msbfam\tenmsb R}$ die konstante Funktion mit Wert $1$. Wir erhalten $f(t)=
H_{P,A_0}(t)+\int_{-\infty}^{\infty} H_{P}(t-s)\bar{\phi}(s)ds =
A_0+\int_0^t \phi(s)$ als Lösung. Die Heavisidefunktion $H_P$ dieses Beispiels ist die sogenannte Funktion von Heaviside $H:{\fam\msbfam\tenmsb R}\to {\fam\msbfam\tenmsb R}, H(t)=1, t \geq 0$ und $H(t)=0, t < 0$.

Sei $P({d \over {dt}})={d \over {dt}}-\lambda, \lambda \in {\fam\msbfam\tenmsb R}$. Wir erhalten $H_{P,A_0}=A_0\exp(\lambda t)$ und $H_{\lambda}(t):=H_P(t)=\exp(\lambda t), t\geq 0,
H_P(t)=0, t < 0$. Für ein $\phi:[0,\infty[ \to {\fam\msbfam\tenmsb R}$ löst $f(t)=A_0\exp(\lambda t)+\int_{-\infty}^{+\infty} H_P(t-s)\bar{\phi}(s)ds$ die Gleichung $f'(t)-\lambda f(t)=\bar{\phi}(t)$, wobei $\phi:[0,\infty[ \to {\fam\msbfam\tenmsb R}$ gegeben ist.

Zum Beispiel sei $\phi(s)=\sin(s), s\in [0,\pi], \phi(s)=0, s \notin [0,s]$. Dann löst für $t\geq 0$ die Funktion $f(t)=2e^t+\int_0^t e^{(t-s)}\phi(s)ds=2e^t+e^t\int_0^t e^{-s}\phi(s)ds$ die Gleichung $f'-f=\phi$ mit $f(0)=2$. Für $t \in [0,\pi]$ gilt $f(t)=2e^t+{1 \over 2}(e^t-\cos(t)-\sin(t))$ und für $t > \pi$ gilt $f(t)=2 e^t+{1 \over 2}(e^{t-\pi}+e^t)$. Die Pille $\phi$ wirkt nach, auch für $t > \pi$! Modelliere Wachstum mit Wachstumspillen. Was passiert, wenn $4$ Stunden später noch eine Pille $\psi(t):=\phi(t/3-4/3)/3$, die $3$-mal länger aber mit gleichviel Wirkstoffen wirkt, verabreicht wird?

Sei $A$ die Menge der stetigen Funktionen $h$ auf ${\fam\msbfam\tenmsb R}$, für die ein $m \in {\fam\msbfam\tenmsb R}$ existiert, derart dass für $t < m$ der Wert $h(t)$ gleich Null ist. Die Addition $+$ von Funktionen ist eine interne binäre Verknüpfung auf $A$. Gilt $a,b \in A$, dann ist $t \in {\fam\msbfam\tenmsb R}\mapsto c(t):=\int_{-\infty}^{+\infty} a(t-s)b(s)ds\in {\fam\msbfam\tenmsb R}$ eine Funktion $c:=a*b \in A$. Das Tripel $(A,+,*)$ der Menge $A$ mit den Verknüpfungen $+,*$ ist wie das Tripel $({\fam\msbfam\tenmsb R}[{d \over {dt}}],+,.)$ eine ${\fam\msbfam\tenmsb R}$-Algebra. Die Abbildung $P({d \over {dt}}) \mapsto H_P$ verwandelt die Multiplikation auf ${\fam\msbfam\tenmsb R}[{d \over {dt}}]$ in das $*$-Produkt auf $A$. Es gilt $H_{PQ}=H_P*H_Q$.

Da jedes Polynom $P({d \over {dt}}):={d \over {dt}}^k-a_1{d \over {dt}}^{k-1}+
\cdots -a_{k-1}{d \over {dt}}-a_k \in {\fam\msbfam\tenmsb R}[{d \over {dt}}]$ in lineare Faktoren ${d \over {dt}}-\lambda$ und quadratische Faktoren ${d \over {dt}}^2-u {d \over {dt}}+v, u,v \in {\fam\msbfam\tenmsb R}, u^2-4v < 0,$ faktorisiert, müssen wir noch $H_{u,v}:=H_P$ für Polynome wie ${d \over {dt}}^2-u {d \over {dt}}+v$ bestimmen. Es gilt nun: $H_{u,v}(t):=e^{ut}{{\sin((4v-u^2)t)}\over {4v-u^2}}$. Für ein Polynom $P({d \over {dt}})$ mit Hauptkoeffizient $1$ und Faktorisierung $P({d \over {dt}})=Q_1({d \over {dt}})Q_2({d \over {dt}})\cdot \cdots \cdot Q_m({d \over {dt}})$ in Faktoren $Q_i({d \over {dt}})={d \over {dt}}- \lambda_i$ oder $Q_i({d \over {dt}})=
{d \over {dt}}^2-u_i {d \over {dt}}+v_i$ erhält man $H_P=H_{Q_1}*H_{Q_2}* \cdots *H_{Q_m}$, wobei $H_{Q_i}$ bekannt ist.

Frage: Kann man die Abbildung $P \mapsto H_P$ auf ganz ${\fam\msbfam\tenmsb R}[{d \over {dt}}]$ zu einem Algebrahomomorphismus von ${\fam\msbfam\tenmsb R}[{d \over {dt}}]$ nach $A$ fortsetzen? Zeige, wenn ja, dass ${d \over {dt}}H=H_1$ gilt. Gilt ${d \over {dt}}H \in A$? Will man diese Erweiterung erzwingen, dann wird man die sogenannte Diracsche ``Funktion'' $\delta$ entdecken.

Aufgabe 1. Sei $P({d \over {dt}})=({d \over {dt}})^n+({d \over {dt}})^{n-1}+ \cdots +{d \over {dt}}+1.$ Berechne $H_P$.

Paul Appell, geb. in Strassburg 1855, schlägt folgende Lösungsmethode vor. Aus ${1 \over {1-x}}=1+x+x^2+x^3+ \cdots +x^i+ \cdots =\sum_{i=0}^{\infty} x^i$ folgt rein durch formales Rechnen, dass $f(t):=\sum_{i=0}^{\infty} ({d \over {dt}})^i\phi(t)$ Lösung der Gleichung $(1-{d \over {dt}})f(t)=\phi(t)$ ist.

Wenden wir diese Idee zunächst einmal auf $\phi(t)=t$ an. Wir erhalten $f(t)=\sum_{i=0}^{\infty} ({d \over {dt}})^i\phi(t)=\phi(t)+1=t+1$ und tatsächlich gilt $(1-{d \over {dt}})f(t)=f(t)-f'(t)=(t+1)-1=t$.

Nun probieren wir mit $\phi(t)=\sin(t/2)$. Wir erhalten

\begin{displaymath}
f(t)=\sum_{i=0}^{\infty} ({d \over {dt}})^i\sin(t/2)=
\end{displaymath}


\begin{displaymath}
\sin(t/2)+\cos(t/2)/2-\sin(t/2)/4-\cos(t/2)/8+\sin(t/2)/16+ \cdots =
\end{displaymath}


\begin{displaymath}
4\sin(t/2)/5-2\cos(t/2)/5.
\end{displaymath}

Tatsächlich gilt wieder

\begin{displaymath}(1-{d \over {dt}})f(t)=4\sin(t/2)/5-2\cos(t/2)/5-4\cos(t/2)/10+2\sin(t/2)/10=
\sin(t/2).
\end{displaymath}

Mit diesem Wind im Rücken geht es weiter. Für ein Polynom $P({d \over {dt}})=1-Q({d \over {dt}})$ mit $Q(0)=0$ gilt wiederum rein formal die Identität

\begin{displaymath}
P({d \over {dt}})\sum_{i=0}^{\infty} (Q({d \over {dt}}))^i\phi(t)=\phi(t)
\end{displaymath}

und somit ist $f(t)=\sum_{i=0}^{\infty} (Q({d \over {dt}}))^i\phi(t)$ Lösung der Gleichung $P({d \over {dt}})f(t)=\phi(t)$.

Für jede Funktion $\phi(t)$ mit ${d \over {dt}}^N\phi(t)=0$ für ein $N \in {\fam\msbfam\tenmsb N}$ gilt tatsächlich, dass die Summe $f(t)=\sum_{i=0}^{\infty} Q({d \over {dt}})^i\phi(t)$ nur endlich viele nicht verschwindende Terme hat und dass $f(t)$ die Gleichung löst.

Nun stellt sich die Frage: Für welche Funktionen $\phi(t)$ ist die Summe $f(t)=\sum_{i=0}^{\infty} (Q({d \over {dt}}))^i\phi(t)$ konvergent und im welchem Sinne ist die Konvergenz zu deuten? Wir werden hier diese Fragen nicht beantworten.

Aufgabe 2. Finde eine Funktion $f(t)$, die die Gleichung $1/2{d \over {dt}}^7 f(t) + f(t) = \sin(t)$ erfüllt.

Aufgabe 3. Gesucht ist eine Kurve $\gamma:{\fam\msbfam\tenmsb R}\to {\fam\msbfam\tenmsb R}^3$ mit ${d \over {dt}}^2\gamma(t)+\gamma(t)=0$ und $\gamma(0)=(1,0,0),
{d \over {dt}}\gamma(0)=(1,1,1)$. Man zeige zunächst, dass die gesuchte Kurve in einer Ebene verläuft.

Aufgabe 4. Sei $E:=({\fam\msbfam\tenmsb R}^3,\vert\vert\,\,\vert\vert _{{\rm Eukl}})$ der Euklidische $3$-dimensionale Raum. Gesucht ist eine Kurve $\gamma:{\fam\msbfam\tenmsb R}\to E\setminus \{0\}$ mit ${d \over {dt}}^2\gamma(t)+{\gamma(t)\over {\vert\vert\gamma(t)\vert\vert _{{\rm Eukl}}^2}}=0$ und $\gamma(0)=(1,0,0),
{d \over {dt}}\gamma(0)=(1,1,1)$. Man zeige zunächst, dass die gesuchte Kurve in einer Ebene verläuft.

Aufgabe 5. Gesucht sind $3$ Kurven $\gamma_i:{\fam\msbfam\tenmsb R}\to {\fam\msbfam\tenmsb R}^3, i=1,2,3,$ mit

\begin{displaymath}
{d \over {dt}}^2\gamma_i(t)+(\gamma_1(t)+\gamma_2(t)+\gamma_3(t))-
3\gamma_i(t)=0,
\end{displaymath}


\begin{displaymath}
{d \over {dt}}\gamma_i(0)=e_i-{1 \over 3}(e_1+e_2+e_3),
\end{displaymath}


\begin{displaymath}
\gamma_i(0)=ie_i.
\end{displaymath}

Zeichne die Kurven $\gamma_i(t)\in {\fam\msbfam\tenmsb R}^3, -5 \leq t \leq 50.$ Wähle RGB-Parameter linear in $t$.

Aufgabe 6. Gesucht sind $3$ Kurven $\gamma_i:{\fam\msbfam\tenmsb R}\to E, i=1,2,3,$ mit

\begin{displaymath}
{d \over {dt}}^2\gamma_i(t)+
\sum_{1\leq j \leq 3,j\not=i}{ ...
...t\vert\gamma_j(t)-\gamma_i(t)\vert\vert^2_{{\rm Eukl}} } }
=0,
\end{displaymath}


\begin{displaymath}
{d \over {dt}}\gamma_i(0)=e_i-{1 \over 3}(e_1+e_2+e_3),
\end{displaymath}


\begin{displaymath}
\gamma_i(0)=ie_i,
\gamma_i(t)\not=\gamma_j(t), 1\leq i<j\leq 3.
\end{displaymath}

Zeichne die Kurven $\gamma_i(t)\in {\fam\msbfam\tenmsb R}^3, -5 \leq t \leq 5.$ Wähle RGB-Parameter linear in $t$.

Ausblicke: Das Studium von Differentialgleichungen ist Teil der Naturwissenschaften, seitdem Isaac Newton, geb. am 4. Januar in Woolsthorpe bei Grantham, seine Axiome für die Mechanik formulierte. Augustin Louis Baron Cauchy, geb. am 21. August in Paris, hat mit seinen Arbeiten die Theorie der Differentialgleichungen vorangebracht. Lazarus Immanuel Fuchs, geb. am 5. Mai 1833 in Moschin bei Posen, hat den ``Zeit''-parameter $t$ als komplexe Zahl aufgefasst; seine Theorie hat die algebraische Geometrie und Zahlentheorie entscheidend beeinflusst. Die Theorie der pseudo-holomorphen Kurven in der symplektischen Geometrie, die Mikhael L. Gromov, geb. am 23. Dezember 1943 in Boksitogorsk, gegründet hat, ist von grösster Bedeutung für die symplektische Topologie, Topologie in niederen Dimensionen, abzählende Geometrie und für die Quantummechanik, siehe
http://www.balzan.it/english/gromov/pb1999/discorso.htm

Anhang: Integralabschätzung. Für ein Integral $\int_a^b f(t) dt$ mit stetigem Integranden $f:[a,b] \to {\fam\msbfam\tenmsb R}, a,b\in {\fam\msbfam\tenmsb R}, a<b,$ gilt die Abschätzung

\begin{displaymath}
\vert\int_a^b f(t) dt\vert \leq (b-a) \vert\vert f\vert\vert _{{\rm max},[a,b]}\,,
\end{displaymath}

wobei

\begin{displaymath}
\vert\vert f\vert\vert _{{\rm max},[a,b]}:=\sup\{\vert f(t)\vert \mid t \in [a,b]\}
\end{displaymath}

ist.

Allgemeiner gilt für ein Integral $\int_a^b f(t) dt$ mit stetigem Integranden $f:[a,b]\to E$, wobei $E$ ein normierter endlichdimensionaler ${\fam\msbfam\tenmsb R}$-Vektorraum mit Norm $\vert\vert\,\,\vert\vert _E$ ist, die Integralabschätzung

\begin{displaymath}
\vert\vert\int_a^b f(t) dt\vert\vert _E \leq (b-a)
\vert\vert f\vert\vert _{{\rm max},[a,b],E}\,.
\end{displaymath}

Hier ist nun $\vert\vert f\vert\vert _{{\rm max},[a,b],E}:=\sup\{\vert\vert f(t)\vert\vert _E \mid t \in [a,b]\}$.

Denn für eine Linearform $L:E \to {\fam\msbfam\tenmsb R}$ mit Operatornorm $\vert\vert L\vert\vert _{\rm Oper}$ und den Integranden $t\in [a,b] \mapsto L(f(t))\in {\fam\msbfam\tenmsb R}$ gilt die Abschätzung:

\begin{displaymath}
\vert L(\int_a^b f(t) dt)\vert \leq \vert\int_a^b L(f(t)) dt...
... (b-a)
\vert\vert L \circ f\vert\vert _{{\rm max},[a,b]}\leq
\end{displaymath}


\begin{displaymath}
(b-a) \vert\vert L\vert\vert _{\rm Oper}
\vert\vert f\vert\vert _{{\rm max},[a,b],E}.
\end{displaymath}

Für $I \in E$ folgt aus dem Satz von Hahn-Banach:

\begin{displaymath}
\vert\vert I\vert\vert _E=\sup\{\vert L(I)\vert \mid L:E \to...
...bfam\tenmsb R}, \vert\vert L\vert\vert _{\rm Oper}\leq 1 \}\,,
\end{displaymath}

und dies impliziert die gesuchte Integralabschätzung für den Integranden $f:[a,b]\to E$.




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