Seien und normierte endlichdimensionale -Vektorräume. Sei eine offene Teilmenge in und sei eine stetig differenzierbare Funktion. Im ersten Teil dieses Skripts werden wir aus zusätzlichen Annahmen über das Differential an der Stelle Eigenschaften für die Funktion herleiten. Im zweiten Teil wird der sogenannte Umkehrsatz behandelt. Im dritten Teil kommen Anwendungen. Wir werden die Notationen und für und gebrauchen. Die Teilmenge heisst offene Kugel mit Zentrum und mit Radius im Raum . Die Teilmenge heisst abgeschlossene Kugel mit Zentrum und mit Radius im Raum . Für und offene Teilmenge in existiert ein mit . Für jede Zahl mit gilt dann .
1.1 Wir machen zunächst die zusätzliche
Annahme, dass das Differential
an der Stelle injektiv ist.
Sei
Da eine offene Teilmenge in ist, existiert ein mit .
Sei nun
so gewählt,
dass für
das Restglied der Dreigliedentwickelung
Daraus folgt, dass die folgende Eigenschaft hat: für mit gilt .
Denn für
gilt die Abschätzung
Beachte, dass wir nicht behaupten, es gäbe ein mit für
Als Beispiel untersuche die Funktion an der Stelle ; ist differenzierbar, aber nicht stetig differenzierbar!
1.2 Wir machen wieder die zusätzliche
Annahme, dass das Differential
an der Stelle injektiv ist, aber wir werden
in der Argumentation auch ausnutzen, dass stetig differenzierbar ist.
Per Definition ist stetig differenzierbar, wenn die Zuordnung
stetig ist. Wegen
der Stetigkeit der Zuordnung
an der Stelle ,
existiert also zu
jedem
ein
derart,
dass für
gilt:
Es sei bereits so gewählt, dass gilt.
Wir erhalten die zusätzliche Eigenschaft der Existenz
eines
derart,
dass für
das
Differential
injektiv ist. Denn wähle
so, dass für
gilt:
Für
und
gilt dann
Wir können die erzielte Eigenschaft wie folgt schärfer formulieren: Ist die Ko-Norm des Differentials gleich , dann sind die Ko-Normen der Differentiale , wobei eine Kugel durchläuft, grösser gleich .
1.3 Wir machen wieder die zusätzliche
Annahme, dass das Differential
an der Stelle injektiv ist.
Die Eigenschaft, die wir herleiten, ist die Existenz eines derart, dass für gilt .
Diese Eigenschaft lässt sich prägnant so formulieren: Ist das Differential an einer Stelle injektiv, dann ist an der Stelle lokal injektiv. Dabei bedeutet lokal injektiv an der Stelle , dass für ein die Einschränkung von auf injektiv ist.
Denn wähle
. Für
liegt der Weg
Bemerke
. Es folgt nun
1.4 Wir machen wieder die zusätzliche
Annahme, dass das Differential
an der Stelle injektiv ist. Dann gibt es ein
, derart dass die Einschränkung
von auf
eine Lipschitz-Einbettung
ist.
Denn wähle
. Dann gilt für
1.5 Wir machen wieder die zusätzliche
Annahme, dass das Differential
an der Stelle injektiv ist. Dann gibt es ein
derart,
dass für
der Term
, der
durch
Denn wähle
so, dass dann für
gilt
2.1 Jetzt nehmen wir sogar an,
dass das Differential
an der Stelle ein Isomorphismus von nach ist.
Bemerkt sei vorerst, dass die Vektorräume und nun
gleicher Dimension sind.
Das Inverse der Ko-Norm des Differentials stimmt überein mit
der Operatornorm
der Umkehrung
des Differentials . Es gilt also
Die Eigenschaft, die wir herleiten, ist die Existenz eines derart, dass für jedes die Inklusion gilt.
Dazu wähle wiederum . Sei . Sei . Um die Inklusion zu zeigen, mussen wir für jedes ein mit konstruieren. Anders gesagt, für jedes mussen wir die Gleichung nach ein lösen.
Statt direkt ein
mit anzugeben, werden wir
die Abbildung
Es gilt
. Denn
Da nun zutrifft, können wir als Abbildung auffassen.
Die Abbildung
ist eine Lipschitz-Abbildung mit
Faktor . Denn für
gilt mit 1.5
Die Abbildung hat höchstens einen Fixpunkt. Denn angenommen
sind zwei Fixpunkte. Dann gilt
Wir zeigen, dass die Abbildung einen Fixpunkt in hat. Dazu betrachte die Folge in , die wir rekursiv definieren: und . Die Folge ist eine Cauchy-Folge in , somit konvergent in . Es gilt , und folglich ist ein Fixpunkt für .
Aber aus folgt , also ist die gesuchte Lösung der Gleichung.
2.2 Sei eine nichtleere offene Teilmenge in . Wir
nehmen an, dass für alle das Differential
ein
Isomorphismus ist. Die Eigenschaft betrifft das Bild
und
besagt, dass eine offene Teilmenge in ist.
Denn für existiert nach 2.1 ein derart, dass gilt, wobei die Ko-Norm des Differentials ist. Es folgt , und somit ist eine offene Teilmenge in .
2.3 Wir formulieren und beweisen
nun den Umkehrsatz für differenzierbare Funktionen.
Seien und offene Teilmengen in endlichdimensionalen -Vektorräumen. Ein Diffeomorphismus von nach ist eine Bijektion , derart dass und die Umkehrabbildung differenzierbar sind. Für ist die Zusammensetzung die Identitätsabbildung des Vektorraums, der umfasst. Es folgt, dass für das Differential ein Isomorphismus von Vektorräumen ist.
Zum Beispiel ist die Abbildung bijektiv, aber kein Diffeomorphismus von nach . Die Abbildung ist ein Diffeomorphismus.
Beweis:Wähle mit . Dann gilt und nach 1.2 ist die Einschränkung von auf injektiv. Weiter ist nach 1.3 für jedes das Differential injektiv, somit ein Isomorphismus, da . Es folgt nach 2.1, dass eine offene Teilmenge in ist. Somit ist die Einschränkung bijektiv und auch differenzierbar.
Es bleibt zu zeigen, dass die Umkehrabbildung
differenzierbar ist. Dazu, sei
. Sei
. Für mit
setzen wir eine Dreigliedentwicklung an der Stelle
für an:
Aus dieser Dreigliedentwicklung lässt sich auch das Differential
der Umkehrabbildung an der Stelle ablesen.
Man sieht:
Aufgabe 1. Seien und . Zeige, dass es eine differenzierbare Kurve mit , und gibt. Zeige, dass es keine differenzierbare Kurve mit , und gibt.
Aufgabe 2. Zeige, dass es kein Diffeomorphismus mit geben kann.
Aufgabe 3. Konstuire einen Diffeomorphismus .
Aufgabe 4.
Sei
. Sei
die Abbildung
, deren -te
Koordinatenfunktion
durch
Aufgabe 6. Zeige für , dass die Nullstellen des Polynoms differenzierbar von den Koeffizienten des Polynoms abhängen.
Aufgabe 7. Ist ein Diffeomorphismus von nach ?
Aufgabe 8. Ist eine Lipschitz-Einbettung von in ?